Insights
Blog
2022: Änderungen zum Widerrufsrecht und zu den Informationspflichten

2022: Änderungen zum Widerrufsrecht und zu den Informationspflichten

Informationspflichten für Online-Händler, Muster-Widerrufsbelehrung, personalisierte Preise 

Anna Maria Miller
Anna Maria Miller, MBA, LL.M.
August 9, 2022
5 min read
Anna Maria Miller

Am 28. Mai 2022 ist das Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union in Kraft getreten. Dies betrifft insbesondere Online-Händler:innen, da das Gesetz einige Änderungen zum Widerrufsrecht und zu den Informationspflichten mit sich bringt.

Grundlage dieses Gesetzes ist die Richtline (EU) 2019/2161 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (sog. Modernisierungsrichtlinie oder Omnibusrichtlinie).

Geänderte und neue Informationspflichten

Die Informationspflichten, die Unternehmer:innen gegenüber Verbraucher:innen bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen haben (§ 312d BGB) wurden in Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ergänzt und geändert. Unter anderen sind Unternehmer:innen seit dem 28. Mai 2022 verpflichtet ihre Telefonnummer und ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Die Faxnummer als Kontaktinformation wurde gestrichen. Dafür können Unternehmer:innen auch andere Online-Kommunikationsmittel angeben, sofern diese gewährleisten, dass Verbraucher:innen ihre Korrespondenz mit den Unternehmer:innen, einschließlich deren Datums und deren Uhrzeit, auf einem dauerhaften Datenträger speichern können (z.B. Messengerdienste). Zudem sind Unternehmer:innen bei personalisierten Preisen nun verpflichtet gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.6 EGBGB Verbraucher:innen darauf hinzuweisen, dass der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert wurde.

Ferner wurden über den neu eingefügten § 312l BGB allgemeine Informationspflichten für Betreiber:innen von Online-Marktplätzen festgesetzt. Diese Informationsplichten werden in Art. 246d § 1 EGBGB spezifiziert. Unter anderem sind Unternehmer:innen verpflichtet Verbraucher:innen zum Ranking der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten sowie zu den Parametern zur Festlegung des Rankings zu informieren. Dabei sind diese Informationen gem. Art. 246d § 2 EGBGB vor der Vertragserklärung in klarer, verständlicher und in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung zu stellen. Die Informationen zum Ranking sind dabei in einem bestimmten Bereich der Online-Benutzeroberfläche zur Verfügung zu stellen, der von der Webseite, auf der die Angebote angezeigt werden, unmittelbar und leicht zugänglich ist.

Änderungen zum Widerrufsrecht

Die Erlöschungsgründe für das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen sind nun in dem neuen § 356 Abs. 4 BGBgeregelt. Danach erlischt das Widerrufsrecht der Verbraucher:innen unter anderem bei einem Vertrag, der die/der Verbraucher:in nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn die/der Unternehmer:in die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Außerdem erlischt das Widerrufsrechht bei einem Vertrag, der die/den Verbraucher:in zur Zahlung eines Preises verpflichtet, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn die/der Verbraucher:in vor Beginn der Erbringung (1) ausdrücklich zugestimmt hat, dass die/der Unternehmer:in mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, (2) bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag die auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat und (3) ihre/seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass ihr/sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch die/den Unternehmer:in erlischt.

Die Erlöschungsgründe für das Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten finden sich nun im neuen § 356 Abs. 5 BGB. Hiernach erlischt das Widerrufsrecht der Verbraucher:innen bei einem Vertrag, der die/den Verbraucher:in nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn die/der Unternehmer:in mit der Vertragserfüllung begonnen hat. Das Widerrufsrecht erlischt auch in einem zweiten Fall, nämlich, wenn bei einem Vertrag, der die/den Verbraucher:in zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn (1) die/der Unternehmer:in mit der Vertragserfüllung begonnen hat, (2) die/der Verbraucher:in ausdrücklich zugestimmt hat, dass die/der Unternehmer:in mit der Vertragserfüllung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, (3) die/der Verbraucher:in ihre/seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass durch ihre/seine Zustimmung mit Beginn der Vertragserfüllung ihr/sein Widerrufsrecht erlischt, und (4) die/der Unternehmer:in der/dem Verbraucher:in eine Bestätigung gemäß § 312f zur Verfügung gestellt hat.

Die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Waren in Rahmen von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen wurden neu strukturiert und sind nun in den § 357 Abs. 5 bis Abs. 8 BGB zu finden.  

Ferner wurden Änderungen bezüglich der Muster-Widerrufsbelehrung und des Musters für das Widerrufsformular vorgenommen. Gemäß Gestaltungshinweis 2 der Anlage 1 zum Art. 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 EGBGB sind Unternehmer:innen fortan nach der Muster- Widerrufsbelehrung verpflichtet nicht nur ihren Namen und ihre Anschrift anzugeben, sondern auch ihre Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Gestrichen wurde dagegen die Angabe der Faxnummer. Diese Streichung wurde gemäß Anlage 2 zum Art. 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 EGBGB auch bei dem Muster-Widerrufsformular vorgenommen.  

Der Wertersatz beim Widerrufsrecht ist seit dem 28.Mai 2022 in dem neu eingefügten § 357a BGB geregelt. Der Wertersatz bei Waren ist dabei in § 357a Abs. 1 BGB geregelt und der Wertersatz bei Dienstleistungen in § 357a Abs. 2 BGB, wobei ein Wertersatz nur bei Dienstleistungsverträgen in Betracht kommt, bei denen die Zahlung eines Preises durch Verbraucher:innen vorgesehen ist. Ein Wertersatz bei digitalen Inhalten ist gemäß § 357a Abs. 3 BGB weiterhin nicht vorgesehen.

Sanktionen

Es ist den Online-Händler:innen zu empfehlen die Änderungen bezüglich der Widerrufsbelehrung, des Widerrufsformulars und der Informationspflichten (korrekt) umzusetzen. Mit dem Art. 246e EGBGB wurde eine neue Bußgeldvorschrift zur Ahnung von Zuwiderhandlungen gegen Verbraucherinteressen eingefügt. Dabei können die Geldbußen bis mindestens 4% des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedstaat betragen. Falls keine Anhaltspunkte zur Schätzung des Jahresumsatzes vorliegen, ist der Höchstbetrag auf zwei Millionen Euro angelegt.

Haben Sie als Unternehmer:in Fragen, kontaktieren Sie uns gerne jederzeit – vereinbaren Sie einen Termin für ein Telefonat mit unseren Experten oder schreiben Sie uns unter mail@advoctrl.com.